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Austria

Österreich verfügt über ein gut ausgebautes Berufsbildungssystem, allerdings sollte in Zukunft mehr Wert auf die Vermittlung grundlegender Fähigkeiten gelegt werden

 

(Paris/Wien – 8. Juni 2010) Österreich verfügt über ein gut ausgebautes System zur beruflichen Bildung. Es leistet einen wesentlichen Beitrag zur niedrigen Jugendarbeitslosigkeit und hilft jungen Erwachsenen, einen vergleichsweise leichten Einstieg ins Erwerbsleben zu finden. Allerdings könnte über eine stärkere Betonung grundlegender Fähigkeiten eine solidere Basis für lebenslanges Lernen und damit für längere Erwerbszeiten gelegt werden.

 

Mit einer besseren Berufsberatung könnte der Anteil der Abbrecher und Ausbildungswechsler reduziert werden. Zudem sollte das 9. Schuljahr als Vorbereitungsjahr für die Berufsbildung reformiert werden. Dies sind die wesentlichen Ergebnisse einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Zur Hauptseite "...", die heute in Paris veröffentlicht wurde.

 

In kaum einem anderen OECD-Land hat die beruflich ausgerichtete Ausbildung in der Sekundarstufe eine so große Bedeutung wie in Österreich. Rund 70 Prozent der 14- bis 18-Jährigen besuchen eine beruflich ausgerichtete schulische Einrichtung. Nur in Tschechien und der Slowakei liegt der Anteil höher. Im OECD-Mittel sind es dagegen nur rund 45 Prozent. Für den Einstieg in den Arbeitsmarkt scheint diese frühe berufliche Orientierung der Ausbildung eine gute Grundlage zu legen. So liegt die Arbeitslosenquote unter den 20 bis 24-Jährigen in Österreich deutlich unter dem OECD-Schnitt. Auch die Erwerbsquote von jungen Erwachsenen liegt deutlich höher als in anderen OECD-Ländern.

 


Jedoch birgt die starke Ausrichtung der Ausbildung an einzelnen Berufsbildern  auch die Gefahr einer zu engen Spezialisierung. Dies kann die Flexibilität der Arbeitnehmer und die Fähigkeiten zu Weiterqualifikation einschränken und damit langfristige Erwerbschancen mindern. Es sollte deshalb darauf geachtet werden, dass grundlegende, allgemeine Qualifikationen in der beruflichen Ausbildung nicht zu kurz kommen.

Hierzu macht der Bericht einige Reformvorschläge für Österreich: So sollte bei zukünftigen Lehrlingen bereits vor Beginn der Ausbildung systematisch geprüft werden, ob sie über die grundlegenden sprachlichen und mathematischen Kompetenzen für eine Ausbildung verfügen. Ist dies nicht der Fall, sollte der Erwerb dieser Fähigkeiten nachgeholt werden. Vor allem junge Menschen mit Migrationshintergrund könnte dies helfen, die Ausbildungsreife zu erlangen.

In Österreich werden fast 70 Prozent der Lehrlinge in Firmen mit weniger als 50 Angestellten ausgebildet, die häufig nicht in der Lage sind, Arbeitskräfte alleine für die Ausbildung abzustellen. Häufig ist die Ausbildung auch sehr eng an den Bedürfnissen des einzelnen Unternehmens ausgerichtet. In den vergangenen Jahren hat das Bewusstsein für Qualität deutlich zugenommen und es wurden Standards für die berufliche Bildung erarbeitet. Deren Anwendung wird derzeit über ein Prämienmodell gefördert. Allerdings fehlt bislang eine flächendeckende Qualitätskontrolle. Zukünftig sollte die Einhaltung dieser Standards in den Betrieben besser überwacht und unterstützt werden.

Derzeit müssen Schülerinnen und Schüler an Polytechnischen Schulen häufig nach der 8. und nochmals nach der 9. Klasse die Schule wechseln, ehe sie eine berufliche Ausbildung beginnen können. Diese doppelten Übergänge können sich negativ auf den Lernerfolg auswirken. Deshalb sollte das 9. Schuljahr reformiert werden, um solche doppelten Übergänge zu vermeiden und um Schülerinnen und Schüler optimal auf die Berufsausbildung vorzubereiten.

Aufgrund der Vielzahl von Ausbildungsberufen, stehen die Berufsschulen häufig unter dem Druck, sehr spezialisierte Angebote zu machen. Dies führt häufig zu sehr kleinen Klassen und damit zu unverhältnismäßig aufwändigem und teurem Unterricht. Hier sollte den Berufsschulen etwa über die Entwicklung von Unterrichtsmodulen mehr Flexibilität eingeräumt werden. Gleichzeitig sollte für seltenere Ausbildungsberufe der Unterricht regional stärker gebündelt werden.

Die Berufsberatung sollte stärker professionalisiert  und weniger von psychologischer Beratung dominiert werden. Stattdessen sollte die Beratung mehr aktuelle und empirisch fundierte Informationen über den Arbeitsmarkt und die verschiedenen Berufsbilder vermitteln. Entsprechend sollten diese Inhalte bei der Aus- und Weiterbildung von Berufsberatern eine größere Rolle spielen. Gleichzeitig sollte für Menschen mit einer beruflichen Ausbildung der Einstieg in die Arbeit als Berufsberater erleichtert werden.

Die OECD-Studie zur beruflichen Bildung in Österreich ist Teil eines internationalen Projekts, an dem sich 14 weitere OECD-Länder beteiligt haben: Australien, Belgien (Flandern), Chile, Deutschland, Großbritannien (England und Wales), Irland, Korea, Mexiko, Norwegen, Schweden, Schweiz, Tschechien, Ungarn und die den USA (South Carolina und Texas). Auch ein Länderbericht zur beruflichen Bildung in der Volksrepublik China ist in Arbeit. Das Projekt wird mit einem vergleichenden Abschlussbericht und einer internationalen Konferenz in Leipzig im September abgeschlossen.


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