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Zeit für stärkeres und besseres Wachstum: Wirtschaftspolitik braucht Reformen für mehr Nachhaltigkeit und Chancengleichheit

 

(Berlin/Paris, 12.07.2019) - Schwächelnde Wachstumsraten, eine unsichere Wirtschaftslage und zunehmende Ungleichheit machen OECD-weit und darüber hinaus dringend Reformen notwendig. Regierungen sollten dafür sorgen, dass das Wachstum nachhaltig verläuft und mehr Menschen von ihm profitieren. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen OECD-Studie.

Die Studie Going for Growth 2019 unterstreicht die Bedeutung von Globalisierung, Digitalisierung, alternden Gesellschaften und Umweltzerstörung als Schlüsselfaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung. Mit diesen Megatrends umzugehen und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum anzukurbeln bedeutet für Regierungen, dass sie maßgeschneiderte Strukturreformen brauchen, die langfristig sowohl Wachstum fördern als auch Wettbewerbsfährigkeit und Produktivität erhöhen, Arbeitsplätze schaffen, für eine saubere Umwelt sorgen und die Chancenverteilung verbessern.

In diesem Jahr nimmt die Studie den Reformbedarf in allen 36 OECD-Mitgliedsstaaten sowie in weiteren neun wichtigen Volkswirtschaften und in der EU unter die Lupe. Es wird gezeigt, wo der Reformbedarf besonders groß ist und wie erfolgreich Reformen der vergangenen Jahre waren. Insgesamt bewerten die Autoren der Studie das Reformtempo der Jahre 2017-2018 als viel zu langsam und sehen kaum Anzeichen dafür, dass es sich derzeit erhöht.

„Mit Blick auf das schwächelnde Wachstum und den Einfluss des technologischen Wandels auf unsere Wirtschaft, ist es höchste Zeit, Reformen für inklusives, nachhaltiges Wachstum umzusetzen“, sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung des Berichts im Vorfeld des G7-Fachministertreffens am 17./18. Juli im französischen Chantilly. „Going for Growth zeigt den Regierenden, worauf sie sich konzentrieren sollten, um das Wachstum anzukurbeln, Chancen gerechter zu verteilen, Teilhabe zu ermöglichen und ökologisch nachhaltig zu handeln. Unsere Hauptbotschaft geht nicht nur an die G7, sondern an alle untersuchten Länder: Die Zeit für Reformen ist jetzt – für ein besseres Leben heutiger und zukünftiger Generationen!“

Wie die Studie betont, sind die Reformprioritäten in jedem Land andere. Gemeinsam ist den untersuchten Ländern, dass ihre Regierungen viel dafür tun können, mehr Chancengleichheit für ihre Bürger und Unternehmen herzustellen.

Für Deutschland empfehlen die Studienautoren insbesondere, die Ganztagsbetreuung für Kinder und die Qualitätsstandards in der frühen Bildung auszubauen. Auch sollten stärkere Anreize für Väter geboten werden, länger als zwei Monate in Elternzeit zu gehen. Darüber hinaus wird empfohlen, die Weiterbildungsmöglichkeiten insbesondere für Arbeitnehmer in schwachen sozioökonomischen Verhältnissen auszubauen. Dringend müssten Lücken bei der digitalen und der Verkehrsinfrastruktur geschlossen werden. Steuerpolitisch sollte Deutschland Umweltverschmutzung teurer machen, Mehrwertsteuervergünstigungen abbauen und die Sozialabgaben vor allem für Geringverdiener senken.

Insgesamt identifiziert die Studie besonders häufig den Bildungsbereich als reformbedürftig. Regierungen müssen dafür sorgen, dass jetzigen und zukünftigen Generationen hochwertige Arbeitsplätze und produktive Karrieren offenstehen. Um für gerechte Teilhabe am Wachstum zu sorgen, müssen sie die Arbeitsmarktsegmentierung verringern und die Bedingungen für Frauen, Migranten, Minderheiten und ältere Menschen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

Wenn Steuerpolitik darauf ausgerichtet wird, stärker Eigentum statt Einkommen zu besteuern, kann dies dazu beitragen, die Wirtschaft anzukurbeln, insbesondere in den Industrieländern. Ebenso wichtig sind ein effizienter öffentlicher Sektor, Rechtsstaatlichkeit und eine funktionierende Infrastruktur. Sie sind Voraussetzung dafür, Ressourcen zu sparen, sich neue Märkte zu erschließen und gute Bedingungen für Investitionen in Innovation herzustellen. Das gilt besonders für aufstrebende Volkswirtschaften.

Reformen zur Stärkung des Wettbewerbs auf Waren- und Dienstleistungsmärkten sind oft schwierig umzusetzen. Eine Öffnung des Marktes, die mehr Wettbewerb, Außenhandel und Innovation möglich macht, ist aber ein wesentlicher Faktor für die Verbreitung digitaler Technologien und letztlich für das Produktionswachstum und die soziale Integration. Entsprechende Reformen gehören deshalb nach wie vor zu den häufigsten von der Studie identifizierten Prioritäten.

Going for Growth legt in der diesjährigen Ausgabe einen Fokus auf Reformen für ökologische Nachhaltigkeit. So empfiehlt die Studie etwa, dass Regierungen stärker von ökologischen Steuern Gebrauch machen, Agrarsubventionen abbauen und Steuervergünstigungen streichen, die der Umwelt schaden. Um die Schadstoffemissionen des Verkehrssektors zu reduzieren, müsse unter anderem in umweltfreundlicheren öffentlichen Verkehr investiert werden.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sowie Ländernotizen für die G20-Länder finden Sie unter http://www.oecd.org/economy/going-for-growth/.

 

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