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Länder müssen fiskalische Instrumente besser nutzen, um der globalen Wachstumsschwäche zu entkommen

 

(Paris/Berlin, 28. November 2016) - Die Weltwirtschaft braucht Initiativen für expansive Fiskalpolitik und einen weiterhin offenen Handel, um der globalen Wachstumsschwäche zu entkommen. Zu dieser Einschätzung kommt der aktuelle Weltwirtschaftsausblick der OECD, der heute in Paris veröffentlicht wurde.

"Nach fünf Jahren enttäuschend schwacher Ergebnisse hat die Weltwirtschaft nun Aussicht auf ein etwas höheres Wachstum",  sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurría bei der Vorstellung des Berichts. "Angesichts der derzeit niedrigen Zinsen haben Entscheidungsträger heute die Möglichkeit, fiskalische Mittel aktiver zu nutzen, um Wachstum zu fördern und Ungleichheit zu mindern, ohne dabei den Schuldenstand zu erhöhen. Wir fordern sie ausdrücklich auf, dies zu tun", sagte Gurría.

Dem Ausblick zufolge würden gezielte öffentliche Ausgabenprogramme die Privatwirtschaft ankurbeln und dazu beitragen, die Weltwirtschaft aus der Falle der Wachstumsschwäche zu befreien. So sind die bereits erfolgten oder erwarteten Veränderungen in der Fiskalpolitik einiger größerer Volkswirtschaften der wesentliche Faktor hinter den leicht höheren globalen Wachstumsraten von 3,3 Prozent in 2017 und 3,6 Prozent in 2018.

Für die USA erwartet die OECD, dass die Wirtschaft unter der Annahme einer Lockerung der Fiskalpolitik Fahrt aufnehmen wird und 2017 um 2,3 Prozent und 2018 um 3 Prozent wächst. Für die Eurozone wird ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent in 2017 und 1,7 Prozent in 2018 vorhergesagt, für Japan ein Wachstum von einem Prozent in 2017 und 0,8 Prozent in 2018. Für den gesamten OECD-Raum geht der Ausblick von einem Wirtschaftswachstum von 2 Prozent in 2017 und 2,3 Prozent in 2018 aus.

China setzt seinen Weg zu einem neuen Gleichgewicht fort, was die Wachstumsaussichten weiter dämpft. Entsprechend geht der Ausblick für 2017 von einem Wirtschaftswachstum von 6,4 Prozent aus, für 2018 von 6,1 Prozent. In Indien dürften die Wachstumsraten 2017-18 über 7,5 Prozent liegen, für die anderen Schwellenländer wird eine insgesamt trägere Wirtschaftsdynamik erwartet. Die Rezession in Brasilien wird voraussichtlich 2017 enden und die Wirtschaft 2018 wieder mit 1,2 Prozent wachsen.

Der Bericht zeigt auf, dass die ausgesprochen expansive Geldpolitik mit ihren niedrigen Zinsen ein "Fenster der Möglichkeiten" für neue fiskalpolitische Initiativen geschaffen hat. So könnte in den meisten Ländern eine gezielte Erhöhung der öffentlichen Ausgaben um jährlich 0,5 Prozent des BIPs finanziert werden, ohne dass sich damit die Schuldenquote mittelfristig erhöht. Würde diese Initiative von Strukturreformen begleitet und von allen Ländern gemeinsam getragen, wäre der Effekt noch stärker, so der Bericht.

"Das ist kein Blankoscheck für Regierungen", sagte Gurría. "Die OECD fordert eine vernünftige Fiskalpolitik, die zusätzliche Ausgaben auf Bereiche konzentriert, die Wachstum fördern und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, wie Investition in qualitativ hochwertige Infrastruktur, Innovation, Bildung und Qualifikationen."

Der Ausblick identifiziert auch eine Reihe finanzieller Risiken, wenn Schwankungen bei Wechselkursen und Kapitalströmen gemeinsam mit Preisverzerrungen Schwachstellen in Unternehmensbilanzen offenlegen, insbesondere in den Schwellenländern. In den entwickelten Volkswirtschaften könnte dies die Rentabilität der Banken sowie die langfristige Stabilität der Rentensysteme auf die Probe stellen. Zunehmender Protektionismus könnte sich negativ auf das schon heute schwache Wachstum des Welthandels auswirken.

"Protektionismus und die unvermeidbar darauf folgenden Vergeltungsmaßnahmen würden einen Großteil der positiven Effekte der empfohlenen fiskalpolitischen Initiativen auf das inländische und globale Wachstum aufheben", sagte OECD-Chefökonomin Catherine L. Mann. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden die Preise anziehen, der Lebensstandard sinken und die Länder in einer schwächeren finanziellen Position zurückbleiben. Handelsprotektionismus mag einige Arbeitsplätze schützen, er wird aber die Perspektiven und den Lebensstandard vieler Menschen verschlechtern.“

Der Ausblick ruft die Regierungen dazu auf, protektionistische Maßnahmen  zu vermeiden und stattdessen Strukturreformen anzustoßen, die mehr Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, die Dynamik in der Privatwirtschaft erhöhen und eine erfolgreiche Umverteilungspolitik fördern, um sicherzustellen, dass alle von Handel und Wachstum profitieren.




 

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