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Für einen starken Aufschwung: Deutschland sollte mehr in Digitalisierung, Klima und Infrastruktur investieren

 

(Berlin/Paris, 8. Dezember 2020) – Um erfolgreich aus der aktuellen wirtschaftlichen Krise hervorzugehen, sollte Deutschland seine Investitionen in Klimaschutz, öffentliche Infrastruktur und die digitale Transformation weiter ausbauen. Dies empfiehlt der aktuelle OECD-Wirtschaftsbericht für Deutschland.

 

Der Studie zufolge haben sich die frühen und effektiven Krisenmaßnahmen sowie die Stärke des deutschen Gesundheitssystems ausgezahlt. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie sind in Deutschland bisher milder als in vielen seiner Nachbarländer. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit um 1,4 Prozentpunkte in der ersten Jahreshälfte war im internationalen Vergleich moderat – zu verdanken ist dies insbesondere der großflächigen Nutzung der staatlich geförderten Kurzarbeit. Dennoch hat die Krise die deutsche Wirtschaft nach einem Jahrzehnt der Expansion in eine tiefe Rezession gestürzt. Der jüngsten OECD-Prognose zufolge dürfte die Wirtschaftsleistung in 2020 um rund 5,5 Prozent schrumpfen und erst in den nächsten zwei Jahren langsam wieder wachsen: um 2,8 Prozent in 2021 und um 3,3 Prozent in 2022. Dem Wirtschaftsbericht zufolge ist es besonders wichtig, dass die Maßnahmen zur Stärkung des Gesundheitswesens und jener Teile von Wirtschaft und Gesellschaft, die in der Pandemie besonders zu leiden haben, nicht zu rasch wieder zurückgefahren werden. 

 

„Die COVID-19-Pandemie hat Deutschland einen wirtschaftlichen Schock versetzt – trotz der schnellen und deutlichen Krisenantwort der Regierung“, so OECD-Generalsekretär Angel Gurría. „Diese Krise hat auch gezeigt, wie wichtig die digitale Transformation ist. Deutschland sollte den Aufschwung nutzen, um in die Bereiche zu investieren, die für künftige Generationen besonders bedeutsam sind. Dazu gehört Deutschlands digitale Transformation, ein schnellerer Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und ein inklusiverer Arbeitsmarkt.“

 

Wie die Studie hervorhebt, hat Deutschland in seinem Konjunkturpaket vom Juni vielversprechende Impulse gesetzt, um Klimaschutz, Energiewende und die digitale Transformation voranzubringen. Diese Anstrengungen sollten nun beschleunigt werden.

Obwohl Deutschland zu den weltweit führenden Ländern in den Bereichen Technologie und Ingenieurswesen gehört, steht das Land bei der Digitalisierung hinter anderen Industrienationen zurück – zu einer Zeit, da die Pandemie den dringenden Bedarf an hochwertigen und verlässlichen digitalen Anschlüssen noch unterstreicht.

Eine im Schnitt niedrige mobile Datennutzung, niedrige Verbindungsgeschwindigkeit und ungleiche Verteilung bei der Verfügbarkeit von Hochgeschwindigkeitsinternet führt in einigen Gegenden noch immer zu einem digitalen Stadt-Land-Gefälle. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen hinken bei der Nutzung wichtiger IKT-Tools wie Cloud-Computing hinterher, die ein entscheidender Faktor für Innovation und Produktivität sind. Auch haben in Deutschland nur vergleichsweise wenige junge Menschen Programmierkenntnisse. Ganz besonders niedrig ist der Anteil unter den Mädchen und Frauen.

 

Ein höherer Wettbewerb unter den Internetanbietern, vereinfachte Verwaltungsverfahren beim Netzaufbau und eine schnelle Auszahlung von Fördermitteln im Breitbandausbau würden die digitale Entwicklung beschleunigen. Für kleine und mittlere Unternehmen sollte der Zugang zu finanzieller Förderung vereinfacht werden. Das schließt auch steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung mit ein. Darüber hinaus gilt es, die Verbreitung digitaler Kenntnisse in allen Teilen der Bevölkerung stärker zu fördern und das Lernen informatischen Denkens schon in früh in den schulischen Lehrplan aufzunehmen.

 

Bei der deutschen Klimapolitik gab es insbesondere im vergangenen Jahr deutliche Fortschritte. Dazu beigetragen haben die Einführung einer Emissionsbepreisung im Verkehrs- und Wärmesektor, die verstärkte Förderung von Elektrofahrzeugen und Ladestationen sowie die höheren Zielvorgaben für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Gleichzeitig ist der Treibhausgasausstoß pro Kopf im europäischen Vergleich in Deutschland noch immer hoch. Wenn Deutschland dem Pariser Klimaabkommen entsprechend seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent senken will, muss es sich noch stärker anstrengen. Unter anderem empfiehlt die Studie, die Kohleverstromung früher als geplant zurückzufahren, die energetische Gebäudesanierung auszuweiten, die Bepreisung von Kraftstoffen, Fahrzeugen und Straßennutzung deutlicher an Umweltschäden zu knüpfen und alternative, klimafreundliche Verkehrsoptionen zu schaffen.

 

Obwohl die öffentlichen Investitionen seit 2014 gestiegen sind, gibt es noch viele Lücken, insbesondere in den Bereichen emissionsarme Verkehrslösungen, digitale Transformation, Gesundheit, sozialer Wohnungsbau, frühkindliche Bildung und Stromnetze. Hier hat sich in zwanzig Jahren Investitionsschwäche großer Bedarf aufgestaut. In Bezug auf die negativen Nettoinvestitionen in vielen finanzschwachen Kommunen empfiehlt die Studie der Bundesregierung, die Kommunen noch stärker bei ihren Investitionen zu unterstützen.

Gleichzeitig gilt es, lokale Planungskapazitäten zu erhöhen und die Zusammenarbeit zwischen Regierungsbehörden zu verbessern, damit Infrastrukturprojekte schnell und erfolgreich umgesetzt werden können. Hierbei kann auf den Erfahrungen anderer OECD-Länder aufgebaut werden. Sinnvoll wäre beispielsweise, eine unabhängige Infrastrukturplanungsberatung einzusetzen, die die Abstimmung zwischen verschiedenen Regierungsebenen und Sektoren erleichtert und den Unternehmen im Baugewerbe mehr Planungssicherheit für Kapazitätserweiterungen verschafft.

Die vollständige Studie finden Sie auf unserer Website unter https://www.oecd-ilibrary.org/economics/oecd-wirtschaftsberichte-deutschland-2020_93cb9ab8-de

 

Weitere Informationen finden Sie außerdem in dieser Power Point Präsentation: 

 

 

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