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Energiepreisanstieg: Statt Subventionen für fossile Energieträger braucht es einen schnellen Umstieg auf saubere Energie

 

(Paris/Berlin, 2. November 2021) – Die Regierungen sollten davon absehen, aufgrund der weltweit steigenden Energiepreise und der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie ihre staatliche Förderung für fossile Energieträger auszubauen.

 

Aus Sicht der OECD und der internationalen Energieagentur IEA erfordern die existenzielle Bedrohung durch den Klimawandel und die Notwendigkeit einer grünen Konjunkturerholung andere Prioritäten. Wichtig wäre vor allem, die Investitionen in eine nachhaltige Energieinfrastruktur und die Schaffung grüner Arbeitsplätze zu beschleunigen sowie die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen umzusetzen – insbesondere Ziel 7, die Sicherung des Zugangs zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle.

 

Obwohl sich die G20-Länder 2009 dazu verpflichtet haben, ineffiziente Subventionen für fossile Energieträger schrittweise abzubauen, geben führende Volkswirtschaften nach wie vor Hunderte Milliarden US-Dollar pro Jahr aus, um Produktion und Verbrauch von Kohle, Öl und Erdgas zu subventionieren. Sinnvoller wäre es, dieses Geld in Energieeffizienz und die Entwicklung CO2-armer Alternativen zu investieren. Die Subvention fossiler Brennstoffe fördert nicht nur deren Verbrauch, sondern ist auch im Vergleich zu zielgerichteten Sozialleistungen ein ineffizientes Instrument zur Unterstützung einkommensschwacher Haushalte. Sie begünstigt tendenziell wohlhabendere Haushalte, die einen höheren Kraftstoff- und Energieverbrauch haben. Darüber hinaus belasten die Subventionen den Staatshaushalt und verringern somit den fiskalischen Spielraum für zielführende Politikmaßnahmen.

 

Zwar ist die staatliche Förderung fossiler Energieträger 2020 insgesamt zurückgegangen, wie die neuesten Daten von OECD und IEA zeigen. Jedoch steckt dahinter in erster Linie ein rein technischer Effekt des Nachfrage- und Preisrückgangs bei fossilen Brennstoffen, ausgelöst durch den pandemiebedingten globalen Konjunktureinbruch. Jetzt ziehen die Konjunktur und die Energiepreise wieder an. Folglich wird für 2021 wieder ein Anstieg der Verbrauchssubventionen erwartet. Die IEA geht sogar davon aus, dass sich die Verbrauchssubventionen 2021 wegen steigender Brennstoffpreise, eines höheren Energieverbrauchs und der mangelnden Fortschritte in Bezug auf Preisanpassungen bei fossilen Energieträgern mehr als verdoppeln werden.

 

„Angesichts der Konjunkturerholung und der anziehenden Energienachfrage müssen wir dafür sorgen, dass die Subvention fossiler Energieträger weiter zurückgeht und die Ausgaben zur Überwindung der Coronakrise in Maßnahmen fließen, die sich positiv auf Umwelt und Klima auswirken. Unterstützungsleistungen in Zusammenhang mit den steigenden Energiepreisen gilt es so zu gestalten, dass sie den schwächsten Bevölkerungsgruppen helfen und zugleich mit unseren Klimazielen vereinbar sind,” erklärte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann.

 

„Die Welt braucht dringend mehr Investitionen in saubere Energie – in die Technologie und die Infrastruktur. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die Subventionierung fossiler Energieträger aufhört. Die Regierungen sollten auf eine Energiezukunft hinarbeiten, die sauber und gerecht ist und in der alle von modernen Energiedienstleistungen profitieren können. Das heißt: Der Zugang zu sauberer Energie muss ausgeweitet werden, insbesondere mit Blick auf benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Marktverzerrungen, die umweltschädliche Energieträger begünstigen, gilt es zu beseitigen,” so Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA.

 

Jüngste Daten von OECD und IEA zeigen, dass die großen Volkswirtschaften 2020 die Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe mit insgesamt 351 Milliarden US-Dollar unterstützt haben, das sind 29 Prozent weniger als 2019. Grund für diesen Rückgang ist, dass die Regierungen wegen des weltweiten Konjunktureinbruchs und des Rekordtiefs bei den Ölpreisen weniger für die Subventionierung der Energiekosten von Endverbrauchern ausgegeben haben. Die OECD-Daten zeigen allein für den Verkehrssektor einen Subventionsrückgang um 15 Prozent. Hintergrund ist der geringere Kraftstoffverbrauch wegen der pandemiebedingten Mobilitätsbeschränkungen. Den deutlichsten Subventionsrückgang gab es 2020 beim Erdöl: ein Minus von 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

 

Bei der Produktion fossiler Brennstoffe hingegen zeigt sich ein anderes Bild: Hier nahm die direkte Stützung in 50 fortgeschrittenen und aufstrebenden Volkswirtschaften um fünf Prozent zu – zum Teil eine Folge der großen Rettungspakete für staatliche Öl- und Stromkonzerne. Sollte diese Unterstützung über die pandemiebedingte Krisenfinanzierung hinaus anhalten, würde sie Teil eines strukturpolitischen Umfelds, das reformiert werden muss, um die Subventionierung fossiler Energieträger zu beenden.

 

Die Konjunkturpakete, die weltweit zur Bewältigung der Coronakrise geschnürt werden, sind eine Chance, um öffentliche Mittel in Bereiche umzuschichten, die den Umwelt- und Klimazielen dienen. Im Oktober veröffentlichte OECD-Daten zeigen, dass sich die öffentlichen Ausgaben für grüne Konjunkturmaßnahmen in 44 großen Volkswirtschaften seit April 2021 zwar verdoppelt haben, aber nach wie vor nur 21 Prozent der Gesamtausgaben für Corona-Konjunkturmaßnahmen ausmachen. Bei zehn Prozent der bisher angekündigten Ausgaben in OECD-, EU- und wichtigen Partnerländern wird der Umwelteffekt als gemischt oder gar negativ eingeschätzt. (Mehr dazu hier.)

 

Die sich ergänzenden Datensätze von OECD und IEA mit Schätzungen für die verschiedenen Formen staatlicher Förderung von fossilen Energieträgern in 81 großen Volkswirtschaften fließen zusammen mit IWF-Schätzungen in einen interaktiven Fossil Fuel Subsidy Tracker ein. Dieser wird von der OECD in Partnerschaft mit dem International Institute for Sustainable Development (IISD) herausgegeben. (Online-Präsentation des aktuellen OECD Inventory und OECD-IISD Subsidy Tracker am 4. November im Rahmen des COP26-Klimagipfels (Anmeldung hier). Weitere Veranstaltungen zur COP26 finden Sie im OECD COP26 Virtual Pavilion.)

 

Wie eine OECD-Analyse der öffentlichen Ausgaben und Steuervergünstigungen für die Produktion und den Verbrauch von Kohle, Öl, Gas und anderen Mineralölprodukten in 50 Volkswirtschaften der OECD, G20 und der Östlichen Partnerschaft zeigt, ist die finanzielle Förderung fossiler Brennstoffe 2020 um zehn Prozent auf insgesamt 183 Milliarden US-Dollar zurückgegangen (siehe OECD Inventory of Support Measures for Fossil Fuels).  

 

Die IEA schätzt die Subventionen für fossile Brennstoffe, indem sie die Weltmarktpreise mit den Verbraucherpreisen vergleicht, die durch Maßnahmen wie direkte Preisregulierung, Preisformeln, Ein- und Ausfuhrbeschränkungen oder -zölle sowie Abnahme- oder Lieferverpflichtungen für den inländischen Markt künstlich niedrig gehalten werden. In ihrer Untersuchung, die 42 Volkswirtschaften umfasst, hat die IEA für 2020 einen Rückgang der Verbrauchssubventionen auf 180 Milliarden US-Dollar festgestellt, der vor allem auf niedrigere Marktpreise zurückgeht. 2021 wird mit einem sprunghaften Anstieg dieser Subventionen um 244 Prozent auf 440 Milliarden US-Dollar gerechnet (siehe IEA key findings on energy consumption subsidies und World Energy Outlook 2021).

 

Die OECD ist ein globales Forum, das mit über 100 Ländern zusammenarbeitet. Sie tritt ein für eine Politik, die die individuellen Freiheiten wahrt und das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen weltweit fördert.

 

 

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