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OECD-Bericht: Schweiz muss psychische Probleme in der Erwerbsbevölkerung angehen

 

(Paris/Bern, 23. Januar 2014) - Die Schweiz sollte mehr tun, um Menschen mit psychischen Störungen in Arbeit zu bringen und im Job zu halten. Das ist die zentrale Botschaft des jüngsten OECD-Berichts Psychische Gesundheit und Arbeit: Schweiz, der heute in Bern vorgestellt wird. Laut Bericht leidet etwa jeder dritte Bezieher von Arbeitslosengeld, Erwerbsunfähigkeitsrente oder Sozialhilfe an einer psychischen Störung. Die Arbeitslosenquote bei psychisch Kranken ist mehr als doppelt so hoch wie die Gesamtarbeitslosenquote.

Ein effizienterer Ansatz würde Erwerbstätigen und Unternehmen gleichermaßen helfen: Psychische Probleme kosten die Schweizer Wirtschaft durch Produktivitätsverluste, Gesundheitsversorgung und soziale Ausgaben jährlich schätzungsweise 19 Milliarden Franken. Das sind 3,2 Prozent des BIP.

Arbeitgeber sollten bei psychischen Problemen ihrer Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen und mit Krankenkassen zusammenarbeiten – durch umfassende Betreuung können Ausfälle reduziert und Wiedereingliederungen erleichtert werden (Abwesenheitsmanagement). Sie sollten ebenfalls verpflichtet werden, zeitnah die Invalidenversicherung zu kontaktieren, wenn Gesundheitsprobleme auftreten.

Auch die Arbeitsämter sieht der Bericht in der Pflicht: Ihre Aufgabe sei es, psychische Probleme von Stellensuchenden früh zu erkennen und, in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitssektor, anzugehen. Für kranke Arbeitslose und Menschen, deren Recht auf Arbeitslosengeld ausgelaufen ist, seien zudem gesonderte Strategien erforderlich – in beiden Gruppen kommen psychische Beeinträchtigungen häufig vor.

In den vergangenen zehn Jahren haben die Reformen der Invalidenversicherung (IV-Leistungen) die Zahl der neuen Empfänger erfolgreich gesenkt. Dennoch erhalten nach wie vor viele Menschen IV-Leistungen. Maßnahmen, die IV-Bezieher – vor allem jene mit einer psychischen Störung – zurück in den Arbeitsmarkt bringen wollen, müssen noch bessere Ergebnisse liefern.

Laut Bericht ist der Zugang zu Gesundheitsdiensten in der Schweiz sehr gut und die Zahl der Psychiaterinnen und Psychiater weit höher als in jedem anderen OECD-Land. Behandlungen mit dem Ziel, den Betroffenen bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz zu helfen, sind hingegen nicht sehr verbreitet. Ebenso fehlt eine Verbindung zwischen den Gesundheits- und Arbeitsvermittlungsdiensten oder zwischen dem Arbeitsplatz und der Ärzteschaft. Andere Länder erzielen hier schon erste Erfolge.

Auf Änderungen drängt der Bericht auch im Bildungssystem: Jugendliche mit psychischen Störungen, die eine Schule der Sekundarstufe II oder eine Berufsausbildung abbrechen, erhalten keine Unterstützung. Die Beschäftigungsperspektiven für niedrigqualifizierte Jugendliche haben sich in den vergangenen zehn Jahren drastisch verschlechtert, und die IV-Anmeldungen von Jugendlichen mit einer psychischen Erkrankung nehmen trotz der erfolgreichen IV-Reformen zu.

Die OECD empfiehlt den Schweizer Behörden:

  • Krankheitsbedingten Arbeitsausfällen stärker vorzubeugen bzw. die Fehltage durch umfassende Betreuung zu minimieren.

  • Arbeitsvermittlungen und Sozialdienste im Umgang mit häufigen psychischen Problemen zu schulen.

  • Die Invalidenversicherung näher an die Arbeitswelt zu bringen und dabei besonderes Augenmerk auf die Rolle der Arbeitgeber und arbeitsplatzorientierte Frühinterventionen zu richten.

  • Die psychiatrische Versorgung stärker darauf auszurichten, dass Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zurückkommen, unter anderem durch Umschichtung von Ressourcen in der Ärzte-Ausbildung.

  • Sicherzustellen, dass Schülerinnen und Schüler mit psychischen Problemen nicht verfrüht aus dem Bildungssystem ausscheiden.

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