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Gesundheitskosten steigen OECD-weit schneller als das Bruttoinlandsprodukt

 

(Paris/Berlin, 7. November 2019) – Gesundheit wird OECD-weit teurer: Bis 2030 werden die OECD-Länder im Schnitt voraussichtlich rund 10,2 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Gesundheitskosten aufwenden, 1,4 Prozentpunkte mehr als bisher. Damit wachsen die Gesundheitsausgaben in fast allen OECD-Ländern schneller als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Zu den Kostentreibern gehört unter anderem die steigende Zahl chronischer Erkrankungen, die auch auf die Bevölkerungsalterung zurückzuführen ist. Der Einsatz moderner Technik wird die Systeme leistungsfähiger, aber auch teurer machen. Mit den steigenden Einkommen steigt außerdem die Erwartung an hochwertige Behandlungen, was ebenfalls zu höheren Kosten führen wird. Dies ist das Ergebnis einer neuen OECD-Studie.

So viel geben OECD-Laender fuer Gesundheit aus.

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Gesundheit auf einen Blick 2019 untersucht den Gesundheitszustand der Menschen und die Leistungsfähigkeit der Gesundheitssysteme in allen 36 OECD-Ländern und acht weiteren Ländern. Unter ihnen geben die USA mit Abstand am meisten für Gesundheit aus: 16,9 Prozent des BIP in 2018. Die Schweiz belegt mit 12,2 Prozent Platz zwei, Deutschland mit 11,2 Prozent Platz drei und Österreich mit 10,3 Prozent Platz zehn. Für die Schweiz wird ein besonders starker Anstieg der Kosten erwartet. Bis 2030 dürfte der Anteil der Ausgaben am BIP voraussichtlich um etwa 2,6 Prozentpunkte steigen (Bezugsjahr 2015). Für Deutschland und Österreich um etwa 1,2 bzw. 1,4 Prozentpunkte.

Deutschland: Guter Zugang, hohe Beanspruchung

Der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen ist in Deutschland überdurchschnittlich gut. Das beitragsfinanzierte Leistungspaket ist umfangreich, pro Kopf gibt es mehr Ärzte und mehr Pflegepersonal als im OECD-Schnitt. Bei den verfügbaren Krankenhausbetten gehört Deutschland zur Spitzengruppe (acht Betten pro 1.000 Einwohner gegenüber 4,7 im OECD-Schnitt). Die hohe Verfügbarkeit von Personal und Infrastruktur geht mit einer starken Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen einher. Außer Österreich registriert kein anderes OECD-Land so viele Krankenhauseinweisungen pro Kopf. Dies ist einerseits durch die vergleichsweis alte Bevölkerung bedingt – etwa jeder Fünfte ist über 65 Jahre alt. Andererseits werden auch chronische Krankheiten, die ambulant behandelt werden könnten, häufiger als in vielen anderen Ländern stationär behandelt. Dies ist z. B. bei Asthma/COPD und Herzinsuffizienz häufig der Fall und ließe sich durch eine verbesserte Primärversorgung vermeiden.

Trotz des sehr guten Versorgungsangebots liegen die Deutschen bei bestimmten Gesundheitsindikatoren wie Lebenserwartung (81,1 Jahre gegenüber 80,7 im OECD-Schnitt) und vermeidbarer Sterblichkeit nur im OECD-Mittelfeld. Hintergrund ist unter anderem, dass gesundheitsschädliche Lebensstile weit verbreitet sind: 18,8 Prozent der Deutschen rauchen, 60 Prozent sind übergewichtig. Im Schnitt trinkt jeder Deutsche im Jahr fast elf Liter puren Alkohol. Bei all diesen Faktoren liegt Deutschland über dem OECD-Schnitt.

Österreich: Viele Ärzte, aber auch viele vermeidbare Risiken

Befund und Herausforderungen sind ähnlich wie in Deutschland: Die relativ hohen Gesundheitsausgaben sorgen auch in Österreich für ein insgesamt sehr gutes medizinisches Versorgungsangebot mit weit überdurchschnittlich vielen Ärzten, vielen Krankenhausbetten (7,4 pro 1.000 Einwohner) und einer hohen Zahl stationärer Behandlungen. Auch hier ist zu überlegen, die Zahl der stationären Behandlungen durch einen stärkeren Fokus auf die Primärversorgung zu reduzieren. Die österreichische Bevölkerung ist jünger als die deutsche (18,7 Prozent sind über 65), altert aber ebenfalls schnell. Bei Lebenserwartung (81,7 Jahre) und vermeidbarer Sterblichkeit liegt Österreich ebenfalls nur im OECD-Mittelfeld, was zum Teil gleichermaßen mit der starken Verbreitung bestimmter Risikofaktoren zusammenhängt: Knapp 47 Prozent der Österreicher sind übergewichtig, fast jeder Vierte raucht. Damit hat Österreich anteilig mehr Raucher als die meisten OECD-Länder. Mit knapp zwölf Litern pro Jahr wird außerdem sehr viel Alkohol konsumiert.

Schweiz: Teures System mit teils herausragenden Ergebnissen

Die Schweiz gibt unter den europäischen OECD-Ländern gemessen am BIP am meisten für Gesundheit aus. Zugleich wird hier auch ein besonders hoher Anteil der Kosten (29 Prozent) von den Privathaushalten getragen. Die Schweiz hat viele Ärzte und viel Pflegepersonal mit einem hohen Anteil im Ausland ausgebildeter Fachkräfte. Verglichen mit Deutschland und Österreich werden in der Schweiz weniger stationäre Leistungen in Anspruch genommen, dafür ist das allgemeine Preisniveau für Gesundheitsleistungen weit höher.

Bei wichtigen Gesundheitsindikatoren schneidet die Schweiz stark überdurchschnittlich ab. So hat die Schweiz eine der geringsten Quoten für vermeidbare Todesursachen und mit 83,6 Jahren ist in der Schweiz, abgesehen von Japan, die Lebenserwartung so hoch wie in keinem anderen OECD-Land. Mit 42 Prozent sind weit weniger Schweizer übergewichtig als im OECD-Schnitt. Allerdings liegt die Schweiz bei Tabakkonsum (19,1 Prozent sind Raucher) und Alkoholkonsum (9,2 Liter im Jahr) etwas über dem Durchschnitt der OECD-Länder.

Mehr Effizienz und Evaluation

Die Ausgabenprognose zeigt, wie wichtig es ist, Gelder effizient einzusetzen. Gleichzeitig kommt präventiven Maßnahmen und gesundheitlicher Aufklärung bei der Vermeidung chronischer Krankheiten eine große Bedeutung zu. Auch sollte mehr Wert auf Evaluationen gelegt werden: Patientenbefragungen können helfen, die Versorgungsqualität zu messen und zu verbessern.

 

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