Share

Die Wirtschaft bleibt auf Erholungskurs, aber Ungleichheiten und Risiken könnten sich verschärfen

 

(Paris/Berlin, 01. Dezember 2021) – Die Weltwirtschaft befindet sich weiter im Aufschwung. Die Erholungsdynamik lässt aber nach und wird zunehmend unausgewogen. Dass es nicht gelungen ist, überall auf der Welt eine rasche und wirksame Durchimpfung der Bevölkerung zu gewährleisten, kommt die Welt nun teuer zu stehen, so die OECD in ihrer aktuellen Konjunkturprognose. Durch immer neue Virusvarianten bleibt die Unsicherheit hoch.

 

Laut OECD-Wirtschaftsausblick liegt das BIP in den meisten OECD-Ländern inzwischen über dem Stand von Ende 2019 und nähert sich allmählich dem vor der Pandemie erwarteten Wachstumspfad. Jedoch drohen Länder mit geringerem Einkommen, vor allem solche mit niedrigen Impfquoten, zurückzufallen.

 

Die OECD rechnet mit einem Wachstum der Weltwirtschaft um 5,6 Prozent in diesem Jahr und um 4,5 Prozent im kommenden Jahr. 2023 wird eine leichte Verlangsamung auf 3,2 Prozent erwartet, was in etwa dem Wachstumstempo vor der Pandemie entspricht. Für Deutschland erwartet die OECD ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 2,9 Prozent in 2021, um 4,1 Prozent in 2022 und um 2,4 Prozent in 2023. Für Österreich werden 4,1 Prozent für 2021 erwartet, 4,6 Prozent in 2022 und 2,5 Prozent in 2023. Für die Schweiz geht die OECD von 2,9 Prozent in 2021, drei Prozent in 2022 und 2,1 Prozent in 2023 aus.

 

Der starke Konjunkturaufschwung aus dem früheren Jahresverlauf verliert mittlerweile in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften an Dynamik. Die gestiegene Güternachfrage nach den Lockdowns, der keine ausreichende Ausweitung des Angebots gegenüberstand, hat zu Engpässen in den Produktionsketten geführt. Arbeitskräftemangel, pandemiebedingte Schließungen, steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie Engpässe bei wichtigen Vorprodukten hemmen das Wachstum und erhöhen den Kostendruck. Bereits in der frühen Phase des Aufschwungs ist die Inflation in einigen Regionen erheblich gestiegen. 

 

 

Der Inflationsdruck erweist sich als stärker und dauerhafter als noch vor wenigen Monaten erwartet. Entsprechend der aktuellen OECD-Projektion wird die Verbraucherpreisinflation im OECD-Raum ab Anfang 2022 allmählich nachlassen, wenn Angebotsengpässe abnehmen, die Produktionskapazitäten steigen, mehr Menschen an den Arbeitsmarkt zurückkehren und sich die Nachfrage stabilisiert. Anhaltende angebotsseitige Störungen, etwa durch weitere Infektionswellen, könnten jedoch zu einem kräftigeren und länger andauernden Inflationsdruck führen.

 

Das Aufkommen der Omikron-Variante verdeutlicht ein weiteres Risiko: das einer sich verschlechternden Coronalage, die weitere Beschränkungen nach sich zieht und so den Aufschwung gefährdet. Der Wirtschaftsausblick betont, dass es höchste Priorität haben muss, den Zugang zu Impfstoffen in Niedrigeinkommensländern zu verbessern. Raschere, besser koordinierte weltweite Impfanstrengungen sind nicht nur entscheidend, um Menschenleben zu retten und die Entstehung neuer Varianten zu verhindern. Sie würden auch einige der Engpässe beheben helfen, die aktuell den Aufschwung bremsen, weil Fabriken, Häfen und Grenzen wieder vollständig öffnen könnten.

 

Eine mögliche drastische Konjunkturverlangsamung in China könnte den weltweiten Aufschwung ebenfalls gefährden. Ein abrupter Einbruch des Immobilienmarkts ist angesichts von Bedenken über die finanzielle Verfassung einiger der größten Immobilienunternehmen nicht auszuschließen. Eine solche Konjunkturverlangsamung würde sich rasch auf andere Länder auswirken, vor allem wenn sie Unsicherheit auf den weltweiten Finanzmärkten auslöst und die aktuellen Lieferengpässen verschärft.

 

OECD-Generalsekretär Mathias Cormann, der den Wirtschaftsausblick heute zusammen mit Chefökonomin Laurence Boone vorstellte, sagte: „Die kräftige Wirtschaftsbelebung der letzten Monate verlangsamt sich. Lieferengpässe, eine steigende Inflation und die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie verdunkeln den Horizont. Die Unsicherheit und die Risiken sind groß – wie das Aufkommen der Omikron-Variante zeigt – und sie verschärfen die Ungleichgewichte und bedrohen den Aufschwung. Damit der Aufschwung kräftig und auf Kurs bleibt, müssen Ungleichgewichte abgebaut werden. Vor allem aber muss die Gesundheitskrise bewältigt werden – durch bessere internationale Koordination, Verbesserungen im Gesundheitssystem und massiv beschleunigte Impfprogramme weltweit.“

 

Laurence Boone sagte: „Auf dem Höhepunkt der Krise haben die Regierungen rasch und wirksam reagiert, um Menschen und Unternehmen zu unterstützen. Doch damit ist es nicht getan. Die fehlende globale Koordination bei der Impfstoffbereitstellung ist eine Gefahr für uns alle. Wir müssen unbedingt aus der Krise lernen und in die Zukunft investieren. Dazu müssen wir die Gesundheitssysteme auf den Prüfstand stellen, in die Infrastruktur investieren, Kindern dabei helfen, die Monate versäumter Bildung aufzuholen, sowie ehrgeizige Strategien zur Vermittlung jener beruflichen Kompetenzen entwickeln, die in einer sich wandelnden Welt gebraucht werden.“

 

Sie fügte hinzu: „Die Regierungen müssen die Art und Weise überdenken, wie sie die öffentlichen Mittel einsetzen. Sie müssen klüger ausgeben, um das Wachstumspotenzial zu steigern und die Energiewende zu beschleunigen.“

 

Die Aufhebung staatlicher Pandemiehilfen muss behutsam und schrittweise ablaufen, um die Konjunktur nicht zu schwächen. Auch muss sich die Zusammensetzung der Ausgaben ändern, um Spielraum für höhere öffentliche Investitionen zu schaffen und die tiefgreifende wirtschaftliche Transformation zu ermöglichen, die zur Bekämpfung des Klimawandels nötig ist. Um das Vertrauen der Märkte und die Unterstützung der Öffentlichkeit zu sichern, ist es entscheidend, dass die Finanz- und Währungsbehörden ihre Strategien klar kommunizieren.

 

Die Studie, eine visuelle Aufbereitung der wichtigsten Ergebnisse und weiterführende Informationen finden Sie auf www.oecd.org/economic-outlook

 

Darüber hinaus finden Sie Informationen in deutscher Sprache in der OECD iLibrary: 

Die OECD ist ein globales Forum, das mit über 100 Ländern zusammenarbeitet. Sie tritt ein für eine Politik, die die individuellen Freiheiten wahrt und das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen weltweit fördert.

 

 

Related Documents