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Die Gesundheitssysteme im OECD-Raum müssen dringend gestärkt und für künftige Krisen gerüstet werden

 

(Paris/Berlin, 9. November 2021) – Die COVID‑19-Krise hat direkt und indirekt zu einem Anstieg der erwarteten Zahl der Todesfälle im OECD-Raum um 16 Prozent in 2020 und im ersten Halbjahr 2021 beigetragen. Die Lebenserwartung sank in 24 von 30 Ländern, für die vergleichbare Daten vorliegen. Am deutlichsten ging sie in den USA ( 1,6 Jahre) und Spanien (‑ 1,5 Jahre) zurück. Einen Rückgang gab es auch in Deutschland (- 0,3 Jahre), in Österreich (- 0,7 Jahre) und der Schweiz (- 0,8 Jahre), so eine aktuelle OECD-Studie.

 

Gesundheit auf einen Blick 2021 zeigt, dass sich die Pandemie auch auf die psychische Gesundheit gravierend ausgewirkt hat. In den meisten Ländern, für die Daten verfügbar sind, ist die Prävalenz von Angststörungen und Depressionen jetzt mehr als doppelt so hoch wie vor der Pandemie, darunter in Österreich. Für Deutschland und die Schweiz liegen der OECD keine Zahlen vor.

Gesundheit auf einen Blick 2021, Mental Health and Covid-19

 

Auch auf Menschen, die sich nicht mit dem Virus infiziert haben, hatte die Pandemie indirekt beträchtliche Auswirkungen. In den OECD-Ländern, für die Daten zur Verfügung stehen, ging z. B. 2020 die Quote der Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen (d. h. der Anteil der teilnehmenden Frauen in der Zielgruppe) im Schnitt um fünf Prozentpunkte gegenüber 2019 zurück. Für Hüftprothesen erhöhte sich die mittlere Wartezeit 2020 im Vorjahresvergleich um durchschnittlich 58 Tage und für Knieprothesen um 88 Tage.

 Die Pandemie hat zudem die Gesundheitsausgaben im OECD-Raum in die Höhe getrieben. Während die Wirtschaftstätigkeit einbrach, stiegen die Gesundheitsausgaben im Verhältnis zum BIP im Schnitt der OECD-Länder, für die Daten verfügbar sind, von 8,8 Prozent in 2019 auf 9,7 Prozent in 2020. In Deutschland stiegen sie von 11,7 auf 12,5 Prozent, in Österreich von 10,4 auf 11,5 Prozent. Für die Schweiz liegen noch keine entsprechenden Daten vor, allerdings hat das Land 2019 mit 11,3 Prozent des BIP bereits sehr hohe Gesundheitsausgaben gehabt. Länder, die von der Pandemie besonders stark betroffen waren, verzeichneten einen höheren Anstieg als je zuvor. Im Vereinigten Königreich erhöhten sich die Gesundheitsausgaben Schätzungen zufolge von 10,2 Prozent in 2019 auf 12,8 Prozent des BIP im Jahr 2020. Für Slowenien nimmt die OECD einen Anstieg von 8,5 Prozent auf mehr als zehn Prozent des BIP an.

 

Die Pandemie wirft auch ein Schlaglicht auf den anhaltenden Fachkräftemangel im Gesundheitswesen. Sie zeigt, wie wichtig es ist, in den kommenden Jahren mehr zu investieren, um die Primärversorgung und die Krankheitsprävention zu verbessern und dafür zu sorgen, dass die Gesundheitssysteme insgesamt resilienter werden und besser für Krisensituationen gewappnet sind. Die Studie zeigt, dass der Großteil der Gesundheitsausgaben nach wie vor auf die kurative Versorgung und nicht auf Krankheitsprävention oder Gesundheitsförderung entfällt und dass für den Krankenhaussektor wesentlich mehr Mittel bereitgestellt werden als für die Primärversorgung. Vor der Pandemie beliefen sich die Gesundheitsausgaben im OECD-Schnitt auf mehr als 4 000 US-Dollar pro Kopf und in den USA sogar auf knapp 11 000 US-Dollar. Der größte Anteil – im Schnitt 60 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben – entfällt auf die stationäre und ambulante Versorgung.

 

In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Ärzt:innen und Pflegekräfte in fast allen OECD-Ländern erhöht, trotzdem gibt es nach wie vor Personalengpässe. Der Mangel an Gesundheits- und Langzeitpflegekräften führt zu stärkeren Beeinträchtigungen als der Mangel an Krankenhausbetten und Ausrüstungen.  

 

Die Pandemie hat darüber hinaus verdeutlicht, wie gravierend sich ein ungesunder Lebensstil auswirkt. Durch Rauchen, schädlichen Alkoholkonsum und Fettleibigkeit steigt das Risiko, an COVID-19 zu sterben. Trotzdem wird nach wie vor vergleichsweise wenig für die Prävention von Krankheiten ausgegeben: Lediglich 2,7 Prozent der Gesundheitsausgaben entfallen durchschnittlich auf diesen Bereich. In Österreich und der Schweiz sind es zwei Prozent, in Deutschland drei Prozent.

 

Der Anteil der Personen, die täglich rauchen, ist in den letzten zehn Jahren in den meisten OECD-Ländern zurückgegangen, er liegt jetzt bei durchschnittlich 17 Prozent. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es mit 18,8 bzw. 20,6 und 19,1 Prozent noch etwas mehr tägliche Raucher:innen.

 

Zwischen vier und 14 Prozent der Bevölkerung in den berücksichtigten OECD-Ländern sind als Vieltrinker:innen einzustufen und haben einen Anteil von 31 bis 54 Prozent am gesamten Alkoholkonsum. In Lettland und Ungarn ist schädlicher Alkoholkonsum besonders verbreitet.

 

Fettleibigkeit wird immer häufiger. Im OECD-Durchschnitt sind 60 Prozent der Erwachsenen übergewichtig oder fettleibig, auch in Deutschland. Mit über 70 Prozent ist der Anteil in Mexiko, Chile und den USA am höchsten. Diese Daten beziehen sich auf gemessenes Übergewicht bzw. gemessene Fettleibigkeit. Für Österreich und die Schweiz liegen nur Zahlen vor, die auf Selbstauskunft der Menschen beruhen. Diese Werte fallen üblicherweise niedriger aus. In Österreich geben 51 Prozent der Erwachsenen an, übergewichtig oder fettleibig zu sein, in der Schweiz 42 Prozent.

 

Die vollständige Studiesowie Ländernotizen für Deutschland, Österreich, die Schweiz und weitere OECD-Länder sind verfügbar unter: www.oecd.org/health/health-at-a-glance.htm.

 

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