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Die aktuellen Krisen verdeutlichen, dass Deutschland die Innovationspolitik reformieren muss, um die Wettbewerbsfähigkeit seiner Industrie zu sichern

 

Deutschlands Innovationspolitik muss agiler, risikotoleranter und experimentierfreudiger werden, so eine neue Studie der OECD: Das Land muss einen neuen Ansatz verfolgen, um seine Führungsposition in seinen traditionellen Kernbranchen – Automobilindustrie, Maschinenbau sowie chemische und pharmazeutische Industrie – zu verteidigen und auch in den Branchen der Zukunft zu den Besten zu gehören.

 

Der OECD-Bericht zur Innovationspolitik: Deutschland weist darauf hin, dass die Coronapandemie und die Auswirkungen des russischen Kriegs in der Ukraine Schwachstellen in Deutschlands exportorientiertem Wirtschaftsmodell aufgezeigt haben: eine zu starke Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, eine schleppende Digitalisierung sowie zu wenig diversifizierte Lieferketten. Gleichzeitig sieht sich die Weltwirtschaft disruptiven Veränderungen gegenüber, verursacht durch digitale Technologien und die ökologische Transformation.

 

Ein neuer Innovationsansatz würde Deutschland helfen, die digitale und ökologische Transformation erfolgreich zu gestalten, so die Studie. Bisher verharrt der Anteil der IKT an den Investitionen deutscher Unternehmen auf niedrigem Niveau. Mit nur 6,6 Prozent im Jahr 2021 bildet Deutschland in der G7-Gruppe das Schlusslicht und liegt deutlich hinter führenden Ländern wie den Vereinigten Staaten (17,1 Prozent) oder Frankreich (18,4 Prozent). Auch im Bereich autonomes Fahren und in anderen wichtigen digitalen Schlüsseltechnologien ist der Rückstand der deutschen Industrie auf konkurrierende Volkswirtschaften groß. Zugleich stellen die Anforderungen des Klimaschutzes die innovativsten Branchen des Landes vor große Herausforderungen.

 

„Deutschland muss auf seinen Stärken aufbauen und eine agilere, risikotolerantere und experimentierfreudigere Innovationspolitik entwickeln, die Risikobereitschaft fördert und das Land in die Lage versetzt, in den digitalisierten und ökologischen Branchen der Zukunft eine Führungsrolle zu übernehmen“, sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann. „Die von den jüngsten Krisen ausgehenden kurzfristigen Belastungen erfordern mutige, gut konzipierte und koordinierte Politikmaßnahmen. Gleichzeitig müssen wir gewährleisten, dass diese Maßnahmen Deutschland nicht davon abhalten, die erforderliche strukturelle Transformation der Kernbranchen anzugehen, auf die das Land angewiesen ist, um seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig aufrechtzuerhalten und zu fördern.“

 

Der Studie zufolge müssen die Steuerung und Governance der Innovationspolitik aufgrund der komplexen und disruptiven Herausforderungen der ökologischen und digitalen Transformation ebenfalls reformiert werden. Erforderlich sind unter anderem mehr Flexibilität und Experimentierfreudigkeit bei der Politikgestaltung, ein schnellerer Ausbau der Netz- und Dateninfrastruktur sowie innovationsfreundliche Rechtsvorschriften.

 

Eine innovativere Regulierung und öffentliche Beschaffung sowie eine stärkere staatliche Unterstützung für Wagniskapital und Risikofinanzierung in der mittleren und späten Phase könnten Sprunginnovationen fördern und die Vermarktung wirkungsvoller Forschung beschleunigen. Davon könnten letztlich die nachfrageseitigen Signale ausgehen, die für die Entstehung der neuen Märkte einer resilienten, wettbewerbsfähigen und emissionsneutralen Wirtschaft erforderlich sind. Viele Empfehlungen des Berichts zielen darauf, für Wissenschaft, Technologie und Innovation (WTI) bereits zugesagte Mittel besser zu nutzen, anstatt die staatliche Förderung auszuweiten, was im derzeitigen Kontext nur schwer umzusetzen wäre.

 

Die Studie weist darauf hin, dass die WTI-Politik in den kommenden Jahren von Unsicherheit geprägt sein wird. Die Sicherung der deutschen Führungsrolle in diesem Bereich wird zweifellos mit Risiken verbunden sein und die Erschließung völlig neuer Wissenschafts- und Technologiebereiche voraussetzen.

 

Die OECD ist ein globales Forum, das mit über 100 Ländern zusammenarbeitet. Sie tritt ein für eine Politik, die die individuellen Freiheiten wahrt und das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen der Menschen weltweit fördert.

 

 

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