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Mangelnde Vergleichbarkeit untergräbt das Potenzial nachhaltiger Kapitalanlagen

 

(Paris/Berlin, 29. September 2020) – Regierungen und Aufsichtsbehörden sollten sich gemeinsam mit den Marktteilnehmern dringend dafür einsetzen, die Datengrundlage für nachhaltige Kapitalanlagen zu verbessern, so eine aktuelle OECD-Studie. 

Dem Unternehmens- und Finanzausblick 2020 zufolge haben an ESG-Kriterien orientierte Kapitalanlagen (d. h. an Umwelt-, sozialen und Governanceaspekten orientierte Anlagen) in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Die steigende Nachfrage hat eine immer größere Zahl an ESG-Ratings, -Indizes und anderen Finanzprodukten hervorgebracht.

 

Dennoch mangelt es den Marktteilnehmern nach wie vor an aussagekräftigen, vergleichbaren und nachprüfbaren ESG-Daten. Die unzureichende Datengrundlage erschwert Due-Diligence-Prüfungen, Entscheidungsfindung, Risikomanagement, Ergebnismessung und die Ausrichtung der Kapitalanlagen auf eine nachhaltige und langfristige Wertschöpfung.

„Die Finanzierung hat entscheidenden Anteil daran, einen wirklich nachhaltigen Wiederaufbau nach der Corona-Krise sicherzustellen, der bessere und umweltverträglichere Arbeitsplätze, höhere Einkommen und ein nachhaltigeres und resilienteres Wachstum mit sich bringt“, so OECD-Generalsekretär Angel Gurría. „Kapitalanlagen können jedoch nur dann Verbesserungen bei ökologischen, sozialen und Governanceaspekten bewirken, wenn die Investoren über die nötigen Instrumente und Informationen verfügen.“

 

Der Ausblick zeigt, welche Herausforderungen bei der Umsetzung von ESG-basierten Anlage- und Finanzierungsstrategien bewältigt werden müssen, um einen nachhaltigeren Wiederaufbau zu unterstützen. Entscheidend ist dabei eine enge Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden und Politikverantwortlichen mit den Akteuren der Branche, z. B. institutionellen Investoren und Kreditgebern, Rating- und Indexanbietern sowie internationalen Standardsetzern.

 

Die für ESG-Analysen genutzten Methoden stellen häufig auf unterschiedliche Aspekte ab und sind selten ausreichend transparent. Es gibt nur wenige allgemein anerkannte, einheitliche, vergleichbare und nachprüfbare Indikatoren, die als Bewertungsgrundlage herangezogen werden können. In der Praxis bedeutet dies, dass ein und dasselbe Unternehmen von einem Anbieter ein hohes ESG-Rating erhalten könnte, von einem anderen Anbieter dagegen ein wesentlich niedrigeres.

 

Aufgrund dieser Fragmentierung und mangelnder Vergleichbarkeit können die Investoren die Leistung der Unternehmen nicht richtig bewerten. Dadurch lassen sich ESG-bezogene Anlageziele, wie z. B. eine Begrenzung der CO2-Emissionen im Portfolio, nur schwer umsetzen. Die gegenwärtigen Verfahren eignen sich somit nur bedingt, um Klimarisiken zu managen und das Finanzsystem umweltverträglicher zu gestalten, obwohl dies sowohl für Investoren als auch für Politikverantwortliche immer wichtiger wird.

 

Fragmentierte ESG-Rahmen und uneinheitliche Offenlegungsvorschriften führen auch dazu, dass institutionelle Investoren und Unternehmen ihre Endkunden bzw. Aktionäre nur unzureichend über ihre ESG-bezogenen Entscheidungen, Strategien und Erfolgskriterien aufklären können. Dadurch können die Endkunden schwer nachvollziehen, wie ihre Ersparnisse eingesetzt werden. Die Unternehmen wiederum haben Schwierigkeiten, kostengünstige Finanzierung unter voller Berücksichtigung von ESG-Faktoren zu erhalten.

 

In diesem Zusammenhang kommt den Aufsichtsbehörden eine wichtige Rolle zu. Sie müssen zweckmäßigere und transparentere Berichtsrahmen für ESG-Informationen fördern, die u. a. offenlegen, wie Kennziffern bei der Analyse der ESG-Leistungen gemessen, gewichtet und interpretiert werden.

Als dringendste Priorität nennt der Bericht die Formulierung allgemein anerkannter globaler Grundsätze und Leitlinien für einheitliche, vergleichbare und nachprüfbare ESG-Daten.

 

Daneben werden weitere Punkte aufgeführt, die für die Förderung von ESG-konformen Investitionen von entscheidender Bedeutung sind. Dazu zählen u. a. Leitlinien zur Stärkung der ESG-Integration und -Due-Diligence bei der Bankkreditvergabe sowie die Rolle von Staatsunternehmen bei der Verbesserung der ESG-Leistungen. Ferner muss sichergestellt werden, dass Treuhänder, wie z. B. Vermögensverwalter, und Aufsichtsräte wesentliche ESG-Risiken besser steuern, insbesondere bei Kapitalanlagen mit längerfristigen Nachhaltigkeitsrisiken, wie bei der Infrastrukturfinanzierung.

Ebenfalls heute wird im Rahmen der OECD-Initiative New Approaches to Economic Challenges (NAEC) The Financial System veröffentlicht. Darin erörtern hochrangige Experten, wie die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems verbessert werden könnte.

 

Den vollständigen Unternehmens- und Finanzausblick finden Sie online unter: http://www.oecd.org/finance/oecd-business-and-finance-outlook-26172577.htm

 

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