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Austria

PISA 2006: Schülerleistungen in Österreich im Bereich Naturwissenschaften über OECD-Schnitt

 

Werte für Lesen und Mathematik kaum verändert – Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders benachteiligt


(Berlin/Paris 4. Dezember 2007) Schülerinnen und Schüler an österreichischen Schulen haben in der PISA-Studie zum ersten Mal Ergebnisse signifikant über dem OECD-Durchschnitt erreicht. Im Bereich Naturwissenschaften, dem Schwerpunkt von PISA 2006, erzielten sie durchschnittlich 511 Punkte. Berücksichtigt man die statistische Unsicherheit liegt Österreich damit zwischen Rang 8 und 15 unter den 30 OECD-Ländern. Auch im Bereich Mathematik liegen die Ergebnisse mit 505 Punkten zum ersten Mal statistisch signifikant über dem OECD-Schnitt. In der Lesekompetenz liegt der Wert für PISA 2006 mit 490 Punkten weiter im Bereich des OECD-Schnitts. Das geht aus dem internationalen Bericht zu PISA 2006 hervor, der heute u.a. in Berlin veröffentlicht wurde.

Zum ersten Mal waren die Naturwissenschaften Schwerpunktbereich bei PISA. Rahmenkonzept und Fragenkatalog wurden stark erweitert und modernisiert. Erfasst wurden Fähigkeiten in drei Bereichen: so wurden die Jugendlichen darauf geprüft, ob sie in der Lage sind, naturwissenschaftliche Fragestellungen zu erkennen, ob sie Phänomene naturwissenschaftlich erklären können und ob sie mit naturwissenschaftlicher Beweisführung umgehen können. Alle Aufgaben wurden in Lebenssituationen eingebunden, wie sie Jugendlichen täglich begegnen. Insgesamt will PISA mit diesem Rahmen kein bloßes Lehrplanwissen abfragen, sondern erfassen, in wie weit Jugendliche auf das Leben in der modernen Wissensgesellschaft vorbereitet sind.

Das bessere Ergebnis im Bereich Naturwissenschaften ist allerdings einer Erweiterung und Modernisierung des Erhebungskonzepts geschuldet und bedeutet keinen Leistungszuwachs. Bei den 22 Fragen, die die Schülerinnen und Schüler sowohl 2003 wie 2006 beantworten mussten, zeigten sich 2006 keine besseren Ergebnisse. Im Bereich Lesen, wo vergleichbare Werte über alle drei PISA-Erhebungen vorliegen, lag der Durchschnittswert in Österreich bei PISA 2006 mit 490 Punkten am Niveau von PISA 2003 (491 Punkte) und PISA 2000 (492 Punkte). Auch dieser Unterschied ist zu gering, um statistisch bedeutsam zu sein.

Einen statistisch signifikanten Kompetenzzuwachs im Bereich Lesen verzeichneten die Jugendlichen in insgesamt sieben Ländern, darunter auch Polen. Dort haben sich der Schülerdurchschnitt zwischen 2000 und 2006 um 29 Punkte auf 508 Punkte verbessert. Das Land ist von einem unterdurchschnittlichen Platz in die Spitzengruppe innerhalb der OECD aufgerückt. Durch zusätzliche nationale Untersuchungen lässt sich dieser Kompetenzzuwachs den Bildungsreformen aus dem Jahr 2000 zuordnen, die kurz nach der ersten PISA-Erhebung stattgefunden hatten. Teil der Reformen war, dass das Alter in dem die Jugendlichen auf unterschiedliche Schultypen verteilt werden, um ein Jahr heraufgesetzt wurde. Als Folge haben sich zwischen 2000 und 2003 zunächst die Ergebnisse der schwächeren Schüler verbessert. Zwischen 2003 und 2006 fand der Kompetenzzuwachs dagegen im oberen Leistungsspektrum statt.

In Mathematik liegen die Leistungen von 2006 mit 505 Punkten um einen Punkt unter den durchschnittlichen Ergebnissen von 2003. Auch diese beiden Werte unterscheiden sich nicht statistisch bedeutsam. Wie in anderen Ländern mit gegliederten Schulsystemen bestehen auch in Österreich große Leistungsunterschiede zwischen den Schulen. Diese sind ungefähr doppelt so groß wie im OECD-Mittel. Auch ist das Leistungsniveau der Schüler im Bereich Naturwissenschaften stärker als in vielen anderen OECD-Ländern vom sozioökonomischen Status der Eltern abhängig. Österreich liegt hier knapp unter dem OECD-Mittel. In Japan, Finnland, Kanada, Korea oder Australien dagegen hat das Elternhaus bei einem insgesamt deutlich höheren Leistungsniveau deutlich weniger Auswirkungen auf die Schülerleistungen als in Österreich. Insgesamt zeigt sich, dass Jugendliche in gegliederten Schulsystemen im Schnitt weder besser noch schlechter abschneiden als Jugendliche in Systemen mit nur einem Schultyp. Allerdings spielt das Elternhaus beim Schulerfolg eine größere Rolle, je früher die Kinder auf verschiedene Schultypen verteilt werden. Österreich ist neben Deutschland das einzige OECD-Land in dem Kinder schon mit 10 Jahren auf verschiedene Bildungswege verteilt werden.

Sehr stark benachteiligt das österreichische Schulsystem Jugendliche mit Migrationshintergrund. Migrantenkinder kommen nicht nur häufiger aus einem Elternhaus mit einem geringeren sozioökonomischen Status. Der Leistungsabstand ist gegenüber einheimischen Schülern über den sozioökonomischen Effekt hinaus zudem deutlich höher als in anderen Ländern mit vergleichbarem Migrantenanteil. Bei Migranten zweiter Generation etwa (im Land geboren, aber beide Elternteile im Ausland geboren), die ihre gesamte Schullaufbahn in Österreich verbracht haben ist der Abstand zu einheimischen Schülern mit 92 Punkten so groß wie in fast keinem anderen OECD-Land. Bei Migranten erster Generation (Jungendlicher und beide Eltern im Ausland geboren) ist der Abstand mit 89 auf einheimische Schülerinnen und Schülern in einer ähnlichen Größenordnung. 38 Punkte auf der PISA-Skala entsprechen etwa dem Leistungszuwachs eines Schuljahrs.

Mittlerweile liegen aus einzelnen Ländern auch Untersuchungen über die Vorhersagekraft der PISA-Ergebnisse für den weiteren Bildungs- und Berufsweg der Jugendlichen vor. So wurden in Kanada 29.330 Jugendliche, die als 15-jährige an PISA-2000 teilgenommen hatten, vier Jahre später, also dann mit 19 Jahren, auf ihre weitere Bildungskarriere hin untersucht. Dabei zeigte sich, dass Jugendliche, die bei PISA nur eine Lesekompetenz der Stufe 1 oder darunter aufwiesen, nur zu 28 Prozent eine postsekundäre Ausbildung aufgenommen hatten. Bei Jugendlichen mit Fähigkeiten der Kompetenzstufe 5 waren es hingegen 88 Prozent. Die PISA-Ergebnisse haben damit in stärkerem Umfang die Teilnahme an weiterführender Bildung vorhergesagt als andere wichtige Faktoren wie Elternhaus, Muttersprache, Familieneinkommen oder Wohnort. Vergleichbare Studien in Dänemark und Australien kamen zu ähnlichen Ergebnissen.

Untersucht wurde auch die Einstellung der Jugendlichen zu den Naturwissenschaften. So zeigen 15-jährige in Österreich wie in anderen OECD-Ländern ein großes Interesse an naturwissenschaftlichen Fragestellungen. 90 Prozent stimmen zu, dass Naturwissenschaften wichtig sind, um die natürliche Welt zu verstehen (OECD-Durchschnitt: 93 Prozent). Allerdings ist es für Jugendliche in der Österreich nicht so wichtig in Naturwissenschaften gut zu sein wie in den meisten anderen Ländern (Abbildung 3.11, Band 1). Auch geben nur 27 Prozent der Jugendlichen an, dass sie in einem Beruf arbeiten wollen der mit Naturwissenschaften zu tun hat (OECD-Durchschnitt: 37 Prozent).

An PISA 2006 haben insgesamt etwa 400.000 Schülerinnen und Schüler im Alter von 15-Jahren teilgenommen. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und stehen für rund 20 Millionen Jugendliche in den 57 Teilnehmerstaaten.

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